Seltene Schnitzerei eines nackten Reiters im römischen Fort ausgegraben
Entdeckung und Bedeutung
Die Hobby-Archäologen Richie Milor und David Goldwater machten bei jährlichen Ausgrabungen in Vindolanda, einem römischen Fort im Norden Englands, eine bemerkenswerte Entdeckung. Sie legten eine seltene Sandsteinschnitzerei frei, die einen nackten Reiter darstellt – die erste ihrer Art, die an diesem Ort gefunden wurde. Die Schnitzerei wird auf das vierte Jahrhundert n. Chr. datiert.
Experten des Vindolanda Charitable Trust untersuchen die Schnitzerei, um ihre Bedeutung zu ermitteln. Das Fehlen von Inschriften oder Erkennungszeichen macht es schwierig, die dargestellte Figur zu identifizieren, aber ihre Attribute deuten darauf hin, dass sie entweder Merkur, den Gott der Reise, oder Mars, den Gott des Krieges, darstellen könnte.
Attribute und Symbolik
Die Nacktheit des Reiters ist ein wichtiger Hinweis bei der Identifizierung der Figur. Laut dem Historiker Jeffrey M. Hurwit symbolisierte Nacktheit in der antiken griechischen und römischen Kunst oft göttlichen oder heroischen Status. Der Speer des Reiters, ein häufiges Attribut des Mars, untermauert diese Interpretation weiter. Allerdings wird die Möglichkeit Merkurs durch das Vorhandensein zweier kreisförmiger Merkmale auf dem Kopf des Reiters nahegelegt, die Flügel darstellen könnten, ein Symbol, das mit dem Gott in Verbindung gebracht wird.
Kontext und Spekulation
Die Entdeckung der Schnitzerei in der Nähe einer Kavalleriekaserne aus dem vierten Jahrhundert deutet auf eine Verbindung zu militärischen Gottheiten hin. In Vindolanda stationierte Soldaten könnten ihre eigene Darstellung von Mars oder Merkur oder sogar eine Gottheit geschaffen haben, die Merkmale beider vereint.
Historischer Hintergrund
Vindolanda, etwa eine Meile südlich des Hadrianswalls gelegen, wurde in den späten 80er Jahren n. Chr. als dauerhafter römischer Außenposten gegründet. Es spielte eine entscheidende Rolle beim Bau des Hadrianswalls, indem es Vorräte und Arbeitskräfte lieferte. Das Fort war bis 370 n. Chr. von römischen Soldaten besetzt, als sie sich im Zuge des Abzugs Roms aus Britannien zurückzogen.
Archäologische Ausgrabungen in Vindolanda haben zahlreiche bemerkenswerte Funde zutage gefördert, darunter Holztafeln mit handgeschriebenen Notizen römischer Soldaten, Sandalen, Kämme, Textilien, Schwerter, Pfeilspitzen, Keramik, Bronzestatuen und sogar eine Ledermaus und Boxhandschuhe.
Laufende Forschung und Ausstellung
Die neu entdeckte Schnitzerei des Reiters ist eine bedeutende Ergänzung zu Vindolandas archäologischen Schätzen. Experten untersuchen die Schnitzerei weiter, um ihre Geheimnisse zu lüften und Licht auf die Überzeugungen und Praktiken der in der Festung stationierten römischen Soldaten zu werfen.
Die Schnitzerei wird bis zum 24. September im Vindolanda Museum ausgestellt und bietet Besuchern die Möglichkeit, dieses seltene und rätselhafte Artefakt aus erster Hand zu betrachten.