Peter Mark Roget: Vom Gefangenen Napoleons zum lexikografischen Genie
Frühes Leben und Ausbildung
Peter Mark Roget wurde 1779 als Sohn eines Schweizer Uhrmachers geboren, der sich in England niedergelassen hatte. Roget zeigte schon früh eine Begabung für Sprache und Wissenschaft und studierte anschließend Medizin an der Universität Edinburgh. Nach seinem Abschluss arbeitete er einige Jahre als Arzt und Erfinder, doch seine wahre Leidenschaft galt den Wörtern.
Grand Tour und Gefangenschaft unter Napoleon
1802 begab sich Roget auf eine Grand Tour durch Europa, eine damals übliche Bildungsreise für wohlhabende junge Engländer. Er wurde von zwei jugendlichen Brüdern begleitet, Burton und Nathaniel Philips, deren Vater Roget als Hauslehrer engagiert hatte.
Das Trio verbrachte mehrere Monate in Paris, wo sie den Aufstieg Napoleons Bonapartes miterlebten. Sie waren von dem großen Feldherrn fasziniert, doch ihr Aufenthalt wurde jäh unterbrochen, als Großbritannien und Frankreich 1803 in den Krieg zogen. Napoleon erließ ein Dekret, das alle britischen Staatsbürger auf französischem Territorium über 18 Jahren als Kriegsgefangene festsetzen ließ.
Roget und die Philips-Brüder wurden in Genf gefangen gehalten, das Napoleon annektiert hatte. Roget versuchte zu fliehen, wurde aber gefasst und zur Kapitulation gezwungen. Verzweifelt bemüht, seiner Gefangenschaft zu entkommen, bat Roget die Behörden um Freistellung als Arzt und Hauslehrer, doch seine Bitten wurden abgelehnt.
Flucht nach Neuenburg
Da die Philips-Brüder zu jung waren, um Napoleons Edikt zu unterliegen, schickte Roget sie über die Grenze in die Schweizerische Eidgenossenschaft. Daraufhin griff er zu einem letzten, verzweifelten Mittel: einem Wechsel seiner Staatsbürgerschaft.
Rogets Vater war Genfer Bürger gewesen, und Roget gelang es, seine Taufurkunde aufzuspüren. Mit diesem Nachweis seiner Genfer Herkunft konnte Roget einen Pass erlangen und sich den Philips-Brüdern in Neuenburg anschließen.
Rückkehr nach England und wissenschaftliche Arbeit
Roget und die Brüder kehrten schließlich nach England zurück, wo Roget seine Karriere als Arzt und Erfinder wieder aufnahm. Er veröffentlichte außerdem zahlreiche wissenschaftliche Artikel, darunter eine Abhandlung über einen von ihm erfundenen logarithmischen Rechenschieber.
1814 wurde Roget zum Mitglied der Royal Society of London gewählt. Sein bedeutendstes wissenschaftliches Werk war eine umfassende Untersuchung der Physiologie im Pflanzen- und Tierreich, die in der Reihe Bridgewater Treatises veröffentlicht wurde.
Die Entstehung des Thesaurus
Nach seiner Pensionierung von Medizin und Wissenschaft im Jahr 1849 wandte sich Roget den Wörtern zu. Er war schon immer von Sprache fasziniert gewesen und hatte in seiner Jugend eine Liste mit etwa 15.000 Wörtern zusammengestellt.
In den folgenden drei Jahren ordnete Roget seine Wörter in sechs übergreifende Kategorien ein, darunter „Materie“, „Intellekt“ und „Volition“. Er organisierte und klassifizierte sie anhand ihrer Bedeutungen und Beziehungen und schuf so einen umfassenden Leitfaden zum menschlichen Wissen.
Veröffentlichung und Vermächtnis
Rogets Thesaurus wurde 1853 veröffentlicht und entwickelte sich schnell zu einem Bestseller. Es war der erste Thesaurus, der die Tiefe und den Umfang von Rogets Werk bot, und er revolutionierte die Art und Weise, wie Menschen schrieben und sprachen.
Roget betreute in den folgenden 16 Jahren mehr als zwei Dutzend zusätzliche Ausgaben und Auflagen seines Thesaurus. Bis zu seinem Tod im Jahr 1869, im Alter von 90 Jahren, arbeitete er kontinuierlich an einer erweiterten Ausgabe.
Peter Mark Rogets Thesaurus ist bis heute eines der wichtigsten Nachschlagewerke der englischen Sprache. Er ist ein Zeugnis seines Genies und seiner lebenslangen Leidenschaft für Worte.