Wespennester leuchten unter UV-Licht grün: Ein Fluoreszenzphänomen
Entdeckung und Beobachtung
Bei der Erkundung eines Waldes in Nordvietnam stieß der Wissenschaftler Bernd Schöllhorn auf einen ungewöhnlichen Anblick: eine leuchtend grüne Kugel, die inmitten des Blattwerks glühte. Schöllhorn leuchtete mit einer ultravioletten (UV) LED-Leuchte, um nach fluoreszierenden Insekten zu suchen, und hielt die Kugel zunächst für eine Taschenlampe, die von einem anderen Wissenschaftler gehalten wurde. Bei näherer Betrachtung erkannte er, dass es sich um die offene Wabe eines Papierwespennestes handelte, die ein ätherisches grünes Leuchten ausstrahlte.
Fluoreszenz in Papierwespennestern
Bei Tageslicht erscheinen Papierwespennester als unscheinbare weiße oder gelbe Strukturen. Wenn sie jedoch mit UV-Licht beleuchtet werden, verwandeln sie sich in leuchtende Leuchtfeuer. Die Fluoreszenz entsteht durch Seidenfasern, die die sechseckigen Zellen des Nestes bedecken. Diese Fasern absorbieren UV-Licht und emittieren es bei einer längeren Wellenlänge wieder, wodurch das charakteristische grüne Leuchten entsteht.
Verbreitung und Intensität
Schöllhorn und sein Team testeten die Nester von sechs verschiedenen Papierwespenarten aus Vietnam, Frankreich und Französisch-Guayana unter UV-Licht. Bemerkenswerterweise zeigte jedes Nest Fluoreszenz, wobei Nester aus Vietnam grün leuchteten und solche aus anderen Regionen einen bläulichen Farbton abgaben. Das Leuchten war besonders intensiv, wobei Teile des freiliegenden Papierwabens aus einer Entfernung von bis zu 60 Fuß sichtbar waren.
Evolution und Zweck
Fluoreszenz in Papierwespennestern ist eine relativ neue Entdeckung, und ihr Zweck ist noch unbekannt. Wissenschaftler vermuten, dass das grüne Leuchten als visuelle Orientierungshilfe für Wespen dienen könnte, um ihre Nester zu finden. Alternativ könnten die seidigen Kappen als Sonnenschutz fungieren und junge Wespen während der Metamorphose vor schädlicher UV-Strahlung schützen.
Mögliche Anwendungen
Die Entdeckung von fluoreszierender Seide in Papierwespennestern hat unter Forschern Begeisterung ausgelöst. Die für das Leuchten verantwortlichen chemischen Verbindungen könnten potenzielle Anwendungen in der biomedizinischen Forschung haben. Beispielsweise könnten sie zur Entwicklung neuer bildgebender Verfahren oder zielgerichteter Arzneimittelverabreichungssysteme verwendet werden.
Fluoreszenz in anderen Organismen
Biofluoreszenz, die Lichtemission lebender Organismen, ist nicht nur bei Papierwespen zu finden. Sie wurde bei einer Vielzahl von Arten beobachtet, darunter Salamander, Frösche, Korallen, Schnabeltiere, Wombats und Flughörnchen. Diese Organismen absorbieren Licht und emittieren es dann bei einer anderen Wellenlänge wieder, wodurch eine faszinierende Farbpalette entsteht.
Zukünftige Forschung
Die Entdeckung von Fluoreszenz in Papierwespennestern hat neue Wege für die Forschung eröffnet. Wissenschaftler sind bestrebt, die chemischen Mechanismen hinter dem Leuchten zu entschlüsseln und seine möglichen ökologischen und biomedizinischen Anwendungen zu erforschen. Zukünftige Studien werden Licht auf die evolutionären Ursprünge dieses faszinierenden Phänomens und seine Bedeutung in der natürlichen Welt werfen.