Träume der Blinden: Ein sensorischer Wandteppich
Blinde erleben Träume auf einzigartige Weise, mit einer reichen Mischung aus sensorischen Informationen, die sich von den überwiegend visuellen Träumen sehender Menschen unterscheidet.
Sensorische Erfahrungen in Träumen
Eine aktuelle Studie mit 50 Teilnehmern ergab, dass Blinde in ihren Träumen häufiger Berührungen, Gerüche, Geschmäcker und Geräusche erleben als Sehende. Etwa 18 % der blinden Teilnehmer gaben an, in mindestens einem Traum etwas geschmeckt zu haben, verglichen mit 7 % der sehenden Kontrollpersonen. Auch die Häufigkeit des Riechens in Träumen war bei blinden Teilnehmern höher (fast 30 %) als bei sehenden Kontrollpersonen (15 %). Tastgefühle wurden von fast 70 % der blinden Teilnehmer angegeben, verglichen mit 45 % der sehenden Kontrollpersonen. Bemerkenswerterweise gaben 86 % der blinden Teilnehmer an, in ihren Träumen zu hören, verglichen mit 64 % der sehenden Kontrollpersonen.
Bei Menschen, die von Geburt an blind waren, waren die sensorischen Unterschiede in Träumen noch ausgeprägter.
Traumthemen
Trotz der sensorischen Unterschiede waren die von Blinden berichteten Traumthemen weitgehend ähnlich wie die von Sehenden berichteten. Träume drehten sich häufig um zwischenmenschliche Konflikte und Begegnungen, Erfolge und Misserfolge im Leben und im Beruf und andere typische Traumszenarien.
Blinde erlebten jedoch mehr Albträume als Sehende (ca. 25 % gegenüber 7 %). Der Inhalt dieser Albträume spiegelte oft reale Bedrohungen wider, denen Blinde ausgesetzt sind, wie z. B. sich zu verirren, von einem Auto angefahren zu werden, in Gullideckel zu fallen oder ihren Blindenführhund zu verlieren.
Implikationen für das Verständnis von Träumen
Die Ergebnisse dieser Studie geben Aufschluss über die Natur von Träumen und die Rolle sensorischer Erfahrungen bei der Gestaltung von Trauminhalten. Sie deuten darauf hin, dass Träume nicht einfach visuelle Repräsentationen unserer wachen Erfahrungen sind, sondern vielmehr ein komplexes Zusammenspiel von sensorischen Informationen und emotionalen Zuständen.
Für blinde Menschen bieten Träume eine einzigartige Möglichkeit, die Welt durch verschiedene Sinne zu erleben, ihr Traumleben zu bereichern und Einblicke in ihre wachen Erfahrungen zu gewinnen.
Zusätzliche Erkenntnisse
- Sensorische Kompensation: Die verstärkten sensorischen Erfahrungen in Träumen können eine Form der sensorischen Kompensation sein, die es Blinden ermöglicht, die Welt auf eine Weise zu erleben, die im Wachzustand nicht möglich ist.
- Emotionaler Ausdruck: Träume können als Ventil für emotionalen Ausdruck dienen, insbesondere für blinde Menschen, die mit einzigartigen Herausforderungen und Emotionen im Zusammenhang mit ihrer Behinderung konfrontiert sein können.
- Therapeutisches Potenzial: Die Analyse von Träumen und Traumdeutungstechniken können für blinde Menschen therapeutische Vorteile haben, indem sie ihnen helfen, Emotionen zu verarbeiten, mit Albträumen umzugehen und ihre innere Welt besser zu verstehen.
Indem wir die einzigartigen Traumwelten verstehen, die blinde Menschen erleben, können wir eine breitere Wertschätzung für die Vielfalt menschlicher Erfahrungen und die komplexe Natur von Träumen selbst gewinnen.